Wer darf sich Psychotherapeut nennen?

„Psychotherapeut“ oder „Psychotherapeutin“ darf sich nach dem Psychotherapeutengesetz nur nennen, wer nach einem Universitätsstudium der Psychologie, Medizin oder bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten auch der Pädagogik oder Sozialpädagogik eine dreijährige Vollzeit- oder fünfjährige Teilzeitausbildung in Psychotherapie abgeschlossen hat.

Durch die im Psychotherapeutengesetz festgelegte umfassende theoretische und praktische Ausbildung der Psychotherapeuten, die auch Erfahrungen in der Psychiatrie sowie Selbsterfahrung umfasst, wird ein hoher Qualitätsstandard der psychothera-peutischen Behandlung erreicht. Darüber hinaus trägt die gesetzlich vorgeschriebene kontinuierliche Fortbildung zur Qualität der Behandlung bei.

Wir sind „psychologische Psychotherapeuten“, d.h. wir haben im Anschluss an das Universitätsstudium der Psychologie berufsbegleitend eine fünfjährige Psychotherapieausbildung (Verhaltenstherapie) absolviert und mit der Approbation abgeschlossen. Wir sind darüberhinaus „niedergelassen“, d.h. wir verfügen über eine Kassenzulassung und können mit den Krankenkassen abrechnen.

Wie ist der Weg zur Psychotherapie?

Patienten benötigen keine Überweisung, sondern können mit ihrer Krankenversicherungskarte direkt einen niedergelassenen Psychotherapeuten ihrer Wahl aufsuchen. Ab dem 01.04.2017 wird von allen Psychotherapeuten eine Psychotherapeutische Sprechstunde als erste Kontaktmöglichkeit angeboten. Sie dient zur ersten Abklärung, ob eine psychische Erkrankung vorliegt und zur Empfehlung weiterer oder anderer Hilfen. Einen Termin für eine Psychotherapeutische Sprechstunde können Sie mit uns in unserer telefonischen Sprechzeit vereinbaren. In der Regel ist es möglich, kurzfristig einen Termin zu vergeben. Leider kann es, u.a. abhängig von Ihrer terminlicher Flexibilität, zu einer längeren Wartezeit bis zum Beginn der eigentlichen Therapie kommen.

Wenn eine behandlungsbedürftige psychische Störung im Sinne des Leistungskatalogs der Krankenkassen besteht (Angststörungen, Depressionen, Zwänge, Essstörungen etc.), können wir mit Ihrem Einverständnis bei der Krankenkasse einen Antrag stellen, damit diese die Kosten für eine Psychotherapie übernimmt. Dazu erhält Ihre Krankenkasse außer der Diagnose keine weiteren Informationen. Sensible Informationen, etwa über die Symptomatik oder die Biographie, werden – soweit dies im speziellen Fall zur Antragstellung nötig ist – in anonymisierter Form an einen Gutachter geschickt.

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Behandlung?

Die Kosten für Psychotherapie werden von der gesetzlichen bzw. der privaten Krankenversicherung übernommen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Eine der Voraussetzungen ist das Vorliegen einer psychischen Erkrankung. Psychotherapie wird u. a. bei folgenden Krankheitsbildern durchgeführt und von Krankenkassen bezahlt: Angststörungen, depressive Störungen, Zwangsstörungen, psychosomatische Störungen, psychische Beeinträchtigungen oder Behinderungen aufgrund schwerer körperlicher Erkrankungen, traumatischer Erlebnisse oder Psychosen, Suchterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen.

Manchmal liegen auch Probleme vor, die keine Diagnose einer psychischen Störung rechtfertigen und demnach auch keine Psychotherapie im eigentlichen Sinne sowie die Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Wenn aber trotzdem eine professionelle Unterstützung gewünscht wird, z.B. bei Beziehungsproblemen oder beruflichen Problemstellungen, müssen die Kosten für eine entsprechende Beratung privat getragen werden. Aufgrund unseres Versorgungsauftrags für Patienten mit manifesten psychischen Störungen bieten wir in der Regel keine Beratung oder Coaching an.

Welche psychotherapeutischen Behandlungen als Kassenleistung anerkannt sind, regeln die Psychotherapierichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen.  Hier stehen drei anerkannte Psychotherapieverfahren zur Auswahl, die analytische Psychotherapie, die tiefenpsychologisch fundierte  Psychotherapie und die Verhaltenstherapie, die wir anbieten.

Wie wird eine Psychotherapie beantragt?

Nach der Psychotherapeutischen Sprechstunde (ab dem 01.04.2018 für alle Patienten verpflichtend) kann eine „Akutbehandlung“ oder eine „Psychotherapie“ anschließen. Die Akutbehandlung dient der Vermeidung von Chronifizierungen und/oder der Krisenbehandlung und umfasst max. 12 Sitzungen im Jahr. Die umfassende und längerfristige Behandlung einer psychischen Erkrankung erfolgt mittels einer Psychotherapie. Diese beginnt mit mind. zwei probatorischen Sitzungen, in denen abgeklärt wird, ob die beabsichtigte Psychotherapie bei der psychischen Störung  erfolgversprechend und die Beziehung zwischen Patient und Therapeut tragfähig ist. Anschließend wird ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse gestellt. Über die einzuhaltenden Formalien klären wir Sie im Erstgespräch auf. Dem Antrag ist eine Bestätigung eines somatischen Arztes beizufügen (sog. „Konsiliarbericht“), dass aus körperlichen Gründen eine Psychotherapie nicht kontraindiziert ist.

Eine Psychotherapie kann als Kurzzeittherapie (12 Stunden + 12 Stunden) oder als  Langzeittherapie beantragt und durchgeführt werden. Auch eine langfristige Fortführung als Rezidivphrohylaxe ist möglich. Die Entscheidung über die Kostenübernahme der Langzeittherapie erfolgt auf der Grundlage der Stellungnahme eines Gutachters anhand eines anonymisierten schriftlichen Berichts des behandelnden Psychotherapeuten.

Wie lange dauert eine Psychotherapie und wie oft finden Sitzungen statt?

Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Kriterium für die Beendigung der Therapie oder Beratung ist üblicherweise, dass Sie Ihre zuvor mit uns gemeinsam erarbeiteten und festgelegten Ziele erreicht haben bzw. sich zutrauen, den Rest des Weges mithilfe des nun erworbenen Rüstzeuges selbstständig bewältigen zu können.

Die meisten Verhaltenstherapien dauern weniger als 25 Sitzungen. Das entspricht etwa einem halben Jahr, wenn man – wie üblich – von einer Sitzung à 50 min pro Woche ausgeht. Bei komplexeren und bereits seit langem bestehenden Problemen kann aber auch eine längere Therapiedauer sinnvoll und notwendig sein. Ungefähr nach den ersten 3–5 Sitzungen kann man anhand des auf die individuellen Therapieziele und Voraussetzungen abgestimmten Behandlungsplans den benötigten Zeitrahmen genauer abschätzen und besprechen. Etwaige Verlängerungen der Therapie/Beratung können gemeinsam überlegt und vereinbart werden.

Der mögliche maximale Umfang einer psychotherapeutischen Behandlung ist von der Wahl des Behandlungsverfahrens abhängig. Derzeit stehen bei Verhaltenstherapie höchstens 80 Sitzungen à 50 Minuten, bei tiefenpsychologischen Verfahren höchstens 120 Sitzungen und bei analytischer Psychotherapie bis zu 300 Sitzungen zur Verfügung. Die tatsächliche Dauer liegt meist deutlich unterhalb dieser Grenzen. Die Häufigkeit der Behandlungen kann von bis zu 3-mal wöchentlich (Psychoanalyse) bis zu 1-mal in zwei oder drei Wochen oder länger variieren. Als Verhaltenstherapeuten bieten wir in der Regel zu Beginn der Therapie einmal wöchentliche Sitzungen an. Häufig ist es sinnvoll, die Abstände zwischen den Sitzungen im Laufe der Zeit zu vergrößern.

Brauche ich überhaupt Psychotherapie?

Psychotherapie bezieht sich auf eine Behandlung von psychischen Störungen wie Depressionen, Angststörungen, Essstörungen etc. In vielen Fällen liegt keine psychische Störung vor, trotzdem wird eine professionelle Unterstützung gewünscht, z.B. bei der Überwindung von Beziehungsproblemen, der Verbesserung des Umgangs mit beruflichen Herausforderungen, Verbesserung der Stressbewältigungsfähigkeit, Stärkung des Selbstvertrauens etc. Dies sind keine Indikationen für Psychotherapie, sondern eher für Coaching oder Beratung. Diese Angebote gehören nicht zum Leistungskatalog der Krankenkassen und müssen privat bezahlt werden. Aufgrund unserer hohen Auslastung mit Psychotherapiepatienten bieten wir derzeit in der Regel keine Beratung an. Wenn Sie nicht sicher sind, ob eine psychische Störung vorliegt, lässt sich das im Erstgespräch klären.

Woran erkenne ich, ob ich bei Ihnen an der richtigen Stelle bin?

Der Erfolg der Psychotherapie hängt ganz wesentlich davon ab, dass ein vertrauensvolles Arbeitsbündnis aufgebaut werden kann.  Als Zeichen dafür sollte bereits in den ersten Sitzungen bei Ihnen das Gefühl von Verstandensein, Vertrauen und Ermutigung entstehen. Informationen und Rückmeldungen zu Ihren Problemen sollten Ihnen genauso einleuchtend erscheinen wie die vorgeschlagenen Behandlungsmethoden. Sie haben die berechtigte Erwartung, aus den Sitzungen in besserer Stimmung herauszukommen als Sie hereingekommen sind, z.B. erleichtert, ermutigt oder mit neuen Sichtweisen. Natürlich ist es durchaus sinnvoll und sogar erwünscht, dass in einer Sitzung auch einmal Gefühle von Wut, Traurigkeit, Angst etc. auftauchen oder dass Sie nach der Sitzung noch eine Zeit lang nachdenklich sind. Auch braucht ein Mensch, der viel Schlimmes erlebt hat, oft etwas mehr Zeit als ein paar Sitzungen, um zur Therapeutin Vertrauen fassen. Ein Gefühl, »nicht weiter zu kommen«, unverstanden zu sein etc., sollten Sie aber in jedem Fall ernst nehmen und ansprechen. Auch wir sprechen es an, wenn wir Zweifel daran haben, dass Sie von unseren Sitzungen profitieren. Oft kann dann im Gespräch ein zugrunde liegendes Missverständnis entdeckt und aus dem Weg geräumt werden. Es kann sich aber auch einfach herausstellen, dass die sogenannte »Wellenlänge« nicht stimmt oder die Methoden nicht zu den vorliegenden Bedürfnissen passen, so dass dann ein Therapeutenwechsel sinnvoller erscheint.

Wie läuft der erste Kontakt ab?

In unserem ersten Gespräch, für das wie für die späteren Sitzungen auch 50 min zur Verfügung stehen, interessieren wir uns zum einen für die wichtigsten Fakten, zu der Situation in der Sie sind. Vermutlich haben Sie schon eine Idee dazu, was Ihr Therapeut/Ihre Therapeutin wissen muss, um Ihnen helfen zu können. Wahrscheinlich möchten Sie auch wissen, welche Fragen uns darüber hinaus in unserem ersten Gespräch wichtig sind, damit Sie sich innerlich darauf einstellen können: zunächst interessieren uns Ihre Ziele sehr genau. Dies bedeutet, dass wir uns nicht nur berichten lassen, wie Sie »nicht mehr sein« wollen und was Sie »loswerden, abbauen« wollen, sondern mindestens genauso wichtig ist uns, wie Sie denn stattdessen sein wollen und welche Fähigkeiten, Stärken etc. Sie gerne entwickeln möchten. Wir möchten uns sehr genau vorstellen können, wie sich eine positive Veränderungen auf Ihre Einstellungen zu sich selbst, auf wichtige Beziehungen, auf die Freizeitgestaltung, die Arbeit und die Gesundheit auswirken sollte, damit wir sicher sein können, mit Ihnen am gleichen Strang zu ziehen. Hilfreich dabei ist, wenn Sie Ihre Ziele in positiven Begriffen statt in Verneinungen beschreiben können.

Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind günstig.
Seneca

Wie läuft eine typische Sitzung ab?

Durch die anfangs festgelegten Therapieziele und vereinbarten Methoden folgt die Therapie grundsätzlich einem »roten Faden«. Oft ergeben sich daher die Inhalte einer Sitzung aus der vorangegangenen: es werden therapeutische »Hausaufgaben« besprochen, Auswirkungen der letzten Sitzung reflektiert oder auf die letzte Sitzung aufbauende Übungen durchgeführt. Manchmal werden wir auch aktuellen Dingen den Vorrang einräumen, aber auch dabei stets Ihre Ziele im Auge behalten.

Die Wahl der Methoden wird in Absprache mit dem Patienten getroffen und auf die vereinbarten Ziele bzw. das Ausgangsproblem abgestimmt (siehe Verhaltenstherapie, Beratung). Das klärende und verstehende Gespräch ist die Basis jeder Sitzung. In praktisch jeder Sitzung geht es auch darum, die eigenen Ziele zu klären sowie wieder Zugang zu eigenen Kraftquellen und Fähigkeiten zu finden. Am Ende wird die Sitzung meist noch einmal kurz reflektiert sowie ggf. »Aufgaben« für die Zeit bis zur nächsten Sitzung besprochen.